07.05.2024
Papst Paul III. das Bild Martin Luthers betrachtend. Gemälde von Carl Schorn (1800–1850), ca. 1837. Foto: Dirk Scherer / Bachhaus Eisenach
Sonderausstellung 2024
Acht Lieder
Zum Doppeljubiläum 500 Jahre Gesangbuch – 300 Jahre Bachs Choralkantaten zeigt das Bachhaus Eisenach vom 11. Juli bis 3. November 2024 eine Ausstellung mit zahlreichen Originalen, darunter Luthers „Achtliederbuch“ von 1524 und ein Autograph von 1724.
Das Jahr 1524 gilt als Geburtsjahr des Kirchengesangbuchs: In Nürnberg erschien das „Achtliederbuch“, in Erfurt das „Erfurter Enchiridion“. Es war eine Erfindung von Luthers Reformation: Gesangbücher für die Gemeinde gab es zuvor nicht, heute sind sie aus Gottesdiensten jeder Konfession nicht hinwegzudenken. Das Jahr 2024 markiert außerdem das 300. Jubiläum von Bachs zweitem Leipziger Kantatenjahrgang, den sog. Choralkantaten, welche Bach beginnend ab dem 11. Juni 1724 in den Leipziger Hauptkirchen aufführte. Bachs Idee, jeder dieser Kantaten einen alten Gesangbuch-Choral zu Grunde zu legen, war musikgeschichtlich ohne Vorbild. Es liegt nahe, sie als Bachs eigenen Beitrag zum damals 200-jährigen Gesangbuch-Jubiläum zu verstehen. Die Ausstellung in Eisenach widmet sich diesem Doppeljubiläum mit einer Sonderausstellung ab dem 11. Juli 2024.
In einem ersten Raum erläutert die Ausstellung die Bedeutung der Musik für Martin Luthers Reformationsbewegung, seine bereits in seiner Eisenacher und Erfurter Ausbildung zutage getretene Liebe zur Musik und die Einbindung des Gemeindegesangs in die protestantische Liturgie. Gezeigt werden als Leihgaben aus den Staatsbibliotheken Regensburg, Augsburg und Straßburg das „Achtliederbuch“ und das „Erfurter Enchiridion“ von 1524 sowie aus eigenem Bestand weitere lutherzeitliche Gesangbücher wie die „Kirchengesenge deutsch“ von Johann Spangenberg und das wohl prachtvollste lutherische Gesangbuch, das Leipziger „Babstsche Gesangbuch“, beide von 1545. An den Lehrcharakter von Luthers Liedern und den durch sie auch bezweckten und beförderten Antagonismus zum Katholizismus erinnert das Gemälde „Papst Paul III. das Bild Martin Luthers betrachtend“ (Carl Schorn, ca. 1837), eine vom Bachhaus kürzlich erworbene vermutliche Frühfassung des Bilds in der Alten Nationalgalerie, Berlin.
Der zweite Raum der Eisenacher Ausstellung behandelt das um 1700 neu erwachende Interesse am alten reformatorischen Liedgut sowie die Entstehung von Bachs insgesamt 52 Choralkantaten. Acht dieser Kantaten werden im Detail mit Hörbeispielen erläutert. Zu sehen sind eine Originalstimme aus Bachs Aufführung der Choralkantate zum Michaelistag „Herr Gott, dich loben alle wir“ (BWV 130) am 29. September 1724 (Handschrift von Christian Gottlob Meißner mit autographen Ergänzungen von Johann Sebastian Bach), die frühen Hymnologien von Johann Christoph Olearius (1707) und Johann Martin Schamelius (1724) sowie Ausgaben der bachzeitlichen Gesangbücher, die Bach selbst an seinen verschiedenen Lebensstationen gebrauchte. Den geschichtlichen Aspekt von Bachs Zyklus unterstreichen die ins 16. Jahrhundert und weiter zurückweisenden Lithographien des Berliner Künstlers Johannes Heisig (*1953) zur Arie „O du von Gott erhöhte Kreatur“ aus Bachs Choralkantate „Christum wir sollen loben schon“ (BWV 121), bei welchen sich der Künstler durch die in Eisenach aufbewahrten Schnitzplastiken alter Thüringer Altäre inspirieren ließ.
Die Sonderausstellung endet mit dem Eisenacher Bachfest am 3. November 2024. Aus restauratorischen Gründen ist ein längerer Ausstellungszeitraum nicht möglich.
„Acht Lieder: 500 Jahre Gesangbuch – 300 Jahre Bachs Choralkantaten“: Sonderausstellung, ab 11.7.2024. Bachhaus Eisenach, Frauenplan 21, 99817 Eisenach, täglich geöffnet 10.00 bis 18.00 Uhr, Tel. 03691 79340, www.bachhaus.de
Eröffnung und Pressetermin: 11. Juli 2024, 11 Uhr.
Pressemitteilungen:
Blick in die Ausstellung:
Unterer Ausstellungsraum im Bachhaus Eisenach: In Hängevitrinen das „Achtliederbuch“ (1524) und das „Erfurter Enchiridion“ (1524) als Leihgaben aus Regensburg und Straßburg, an der Wand das Historiengemälde von Carl Schorn (vor 1838) sowie Lithografien von Johannes Heisig (2004).
Foto: André Nestler / Bachhaus Eisenach
Blütezeit der Hymnologie: Johann Crüger: Praxis Pietatis Melica (44.Aufl.1736), Freylinghausensches Gesangbuch (1705), Johann Christoph Olearius: Evangelischer Lieder-Schatz (1707), Johann Martin Schamelius: Evangelischer Lieder-Commentarius (1724/25), Johann Benedikt Carpzov: Lehr- und Lieder-Predigten, 1706.
Objektabbildungen:
Heilige Margarethe aus Niederzimmern bei Weimar, um 1270, Höhe 110 cm
Lithographie von Johannes Heisig (* 1953), 2004
Aus dem Mappenwerk: „O du von Gott erhöhte Kreatur, Begreife nicht, nein, nein, bewundre nur“. Aria aus der Kantate BWV 121 von Johann Sebastian Bach. Neun Lithographien. Ein Dialog mit der Sammlung mittelalterlicher Schnitzplastik des Thüringer Museums Eisenach, Eisenach, 2004.
Scan des Exemplars des Bachhauses Eisenach
Gesangbuch von Valentin Bapst, Leipzig 1545
Scan des Exemplars des Bachhauses Eisenach